“Sport- und Sportstättenentwicklungsplanung für Münster – notwendig, nachhaltig, effizient!” unter diesem Motto hatten der SSB Münster und das Sportamt der Stadt Münster am 5. Oktober zur großen Informations- und Diskussionsrunde eingeladen.
Hierbei präsentierte Prof. Dr. Horst Hübner von der Bergischen Universität Wuppertal zunächst die Ergebnisse einer von ihm in den Jahren 2014 bis 2016 durchgeführten Untersuchung zum Thema. Daran anschließend erläuterte Prof. Dr. Thomas Hauff vom Amt für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Verkehrsplanung der Stadt Münster die “kleinräumige Bevölkerungsprognose 2015 -2025 für Münster”. Hierauf aufbauend diskutierten die rund 60 anwesenden Vertreter aus Politik und Münsteraner Sportvereinen über den richtigen Umgang mit den Ergebnissen.
Die Zusammenfassung aus der Sicht des Sports lautet:
Herr Professor Dr. Hübner hat in seinen Erläuterungen die wesentlichen Ergebnisse aus der Bürgerbefragung 2013/2014 und den sportartspezifischen Untersuchungen und Analysen dargelegt. Der Trend zur Individualisierung des Sporttreibens hält an. Das selbst organisierte Sporttreiben macht inzwischen mehr als zwei Drittel aller Aktivitäten aus. Die kommerziellen Anbieter verzeichnen Zuwächse, haben allerdings Dimensionen wie in Düsseldorf und Köln (25-30%) in Münster nur zur Hälfte erreicht. Die Sportvereine weisen noch stetig Zuwächse aus und machen rd. ein Drittel des Marktes aus und sind besonders bei Kindern und Jugendlichen die Hauptanbieter. Hinsichtlich der Hallensportarten sind die Bedarfe durch die vorhandenen Turn- und Sporthallen abzudecken und auch die Bedarfe des Schulsports sind rechnerisch gedeckt. Hallensportarten wie Badminton, Basketball, Handball und Volleyball weisen leichte, teilweise aber auch deutliche Rückgänge auf, der Bereich „Fitness, Gesundheit, Tanz und fernöstliche Bewegungsangebote“ weist deutliche Zuwächse auf.
Hinsichtlich des Fußballsports bietet Münster ein differenziertes Bild. Anzustreben ist eine höhere Verlässlichkeit des Trainingsbetriebes in der kalten Jahreszeit und dies geht nur mit Kunstrasenspielfeldern im Rahmen zumutbarer finanzieller Belastungen auf kommunalen Sportanlagen, gerade auch vor dem Hintergrund von Stadtteilen und gleichen „Wettbewerbsbedingungen“. Die Entwicklung einzelner Standorte muss im Hinblick auf Mitgliederentwicklungen im Kinder- und Jugendbereich einzelner Vereine beobachtet werden.
Für den Tennissport ist die unsichere Zukunftsprognose ein schwieriger Faktor für Planungen. Im Jahr 2015 waren rd. 6.200 Personen Tennisvereinsmitglieder bei 162 vereinseigenen Außenspielfeldern und einer Relation von 39:1, eine gute Relation für die Mitglieder. Auch im Tennissport tummeln sich Kommerzielle, aber in der Regel mit Hallenplätzen, die auch Tennisvereine und -abteilungen oft nutzen. Bei 26 Tennisvereinen und –abteilungen in Münster wird sich die Frage stellen, ob einige von der Bildfläche verschwinden oder fusionieren, ob die Bedeutung des Wettkampfsports erhalten bleibt und sich daran auch der Platzbedarf bemisst, ob es neue Bewertungen in der Politik hinsichtlich Umweltverträglichkeit geben wird, und ob die bisherige wohnstandortnahe Versorgung mit Sportstätten auch künftig noch greift bei immer mehr Druck auf dem Wohnungsmarkt.
Herr Professor Dr. Hauff hat deutlich gemacht, dass Bevölkerungsprognosen kontinuierlich und kleinteilig fortgeschrieben werden müssen und eine wichtige Grundlage für die Sportentwicklungsplanung und auch die Zukunft der Sportvereine darstellen. Wenn in Stadtteilen 4.000 – 5.000 neue Einwohner hinzukommen, müssen auch die Sportvereine über ihre Möglichkeiten, räumlich wie personell, und ihre Zukunft nachdenken, um den Bürgerinnen und Bürgern adäquate Angebote machen zu können!
Die Hinwendung zu Sportentwicklungskonzepten ist kein triviales Unterfangen. Mit den Stichworten von demographischer Entwicklung, Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur ( Migration, Integration, Inklusion ), Veränderungen im Bildungssystem ( Ganztagsschulen, G8 und/oder G9 ) sowie dynamisierten und individualisierten Sport- und Bewegungspräferenzen der Menschen sind zentrale Herausforderungen an einen innovativen Sportentwicklungsplan benannt. Gerade der zu konstatierende Wandel in der Sportnachfrage, der auch eine Erweiterung des Sport- und Bewegungsspektrums aufweist, stellt für kommunale Planungen und vor allem auch die Sportvereine große Herausforderungen dar. Neben die klassischen Sinnorientierungen von Leistungs- und Wettkampfsport sind gleichwertig Orientierungen wie Gesundheitssport und Fitnesssport getreten. Damit einher geht auch eine Veränderung der Strukturen und Räume, in denen „Sport“ getrieben wird.
Die gesamte Stadt wird zum ‚Bewegungsraum‘, die nicht-institutionalisierten Angebote nehmen zu und suchen sich ihre Räume und sind in den Blick zu nehmen bei der „Stadtplanung“! Auch vorhandene Sporträume können innoviert werden. Die Bürger/innen müssen ihren Sport- und Bewegungsbedürfnissen nachgehen können und auch der Schulsport muss immer mitgedacht werden und angemessene Standards vorfinden! Der Vereinssport muss gestärkt werden und die Politik muss erkennen, dass Sport nicht pauschal zur Lösung aller gesellschaftlichen Herausforderungen dienen kann, oder per se dafür geeignet ist, diese Probleme zu beheben. Auch der ‚informelle Sport‘ muss seine Möglichkeiten in der Stadt haben und sollte nicht als Konkurrenz zum organisierten Sport verstanden werden. Bewegungsräume müssen ins Stadtbild integriert werden, so dass Passanten auf Bewegungsszenarien aufmerksam werden!
Der SSB hat und wird sich auch künftig immer als Interessenvertreter des organisierten Sports verstehen, aber auch immer als Anwalt des so genannten ‚freien Sports‘!
Die dargestellten Studien sind selbst noch kein Sportentwicklungs- und Sportstättenentwicklungskonzept! Die vorhandenen Daten geben einen Überblick und eine Sportentwicklungsplanung wird und muss immer ein Prozess bleiben. Wichtig wird es sein, viele weitere Sportarten intensiver in den Blick zu nehmen – einige haben heute den Hut selbst in den Ring geworfen ( American Football, Parkour, Radfahren und Rollen und Skaten, Schach, Klettern, u.a.)
Wenn Sportentwicklung ernst genommen wird, muss ein Sportentwicklungskonzept immer auch fester Bestandteil von Stadtentwicklung sein, auch in Münster! Bei der Konversion läuft daher leider vieles schief in Richtung Sport und auch das Preußenstadion ist kein „Vorzeigeobjekt“!
Die Berichterstattung der “Westfälischen Nachrichten” vom 9. Oktober kann hier gelesen werden.