Rassismus
im Sport


Rassismus im Sport äußert sich in vielfältiger Weise. Hier stellen wir fünf Begriffe aus diesem Themenkomplex vor. Dabei beschreiben wir Beispielsituationen, definieren die Begriffe und nennen weiterführende Informationsmöglichkeiten.

Unser Ziel ist es, auf die Thematik Rassismus im Sport aufmerksam zu machen und für rassistische Äußerungen im Kontext Sport zu sensibilisieren. Wichtiger Hinweis: Es handelt sich um ausgewählte Begriffe, die dem Themenkomplex in Umfang, Vielfalt und Komplexität nicht gerecht werden können.

Trigger-Warnung: Die folgenden genannten Beispiele reproduzieren rassistische und sexistische Äußerungen.

Rassismus im Sport einfach erklärt

Rassismus

Beispielsituation mit Sportbezug:

Halbzeitpause in der Fußball-Kreisliga. Der weiße Trainer der Heimmannschaft, die 0:3 zurückliegt, wendet sich mit einer Ansprache an seine Spieler und teilt mit Blick auf einen Spieler der gegnerischen Mannschaft (eine Person of Color = PoC) unter anderem mit: „Jungs, ihr müsst den Außenstürmer besser in den Griff bekommen! Der, äh, ja gut das darf man ja heute nicht mehr sagen… aber der hat euch gegenüber einfach Schnelligkeitsvorteile! Da müsst ihr versuchen, gegenzuhalten. Zur Not holt ihr den halt mal von den Beinen!“

Definition und Erklärungen:

„Rassismus ist eine Art von Diskriminierung. Durch Rassismus werden Menschen zum Beispiel wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Haare, ihres Namens oder ihrer Sprache diskriminiert, ausgegrenzt und abgewertet”
(Bundeszentrale für politische Bildung).

Aus der Definition lässt sich ableiten, dass Rassismus schwerwiegende Folgen für die betroffenen, als ‚andersartig‘ und minderwertig angesehenen Gruppierungen hat – unter anderem eine Beeinträchtigung der Persönlichkeitsentfaltung und Selbstbestimmung sowie ein Ausschluss vom Zugang zu Teilhabe und Ressourcen.

In unserem Beispiel gibt der Trainer in seiner Ansprache eine rassistische Bemerkung von sich, da er die Schnelligkeit in Bezug zur Hautfarbe des Außenspielers setzt. Das wird daran deutlich, dass er auf genau diesen vermeintlichen Zusammenhang anspielt, indem er 1. die Formulierung „…das darf man ja heute nicht mehr sagen…“ verwendet und 2. von „Schnelligkeitsvorteilen“ spricht und diese beiden Punkte in seiner Gesamtaussage verknüpft. Damit betont er die aus seiner Sicht feststellbare ‚Andersartigkeit‘ des gegnerischen Spielers und grenzt diesen klar von den Spielern seiner Mannschaft ab und damit aus.

Weiterführende Informationen:

Der SSB Münster bietet am 16. März gemeinsam mit Preußen Münster e.V. und dem FANport Münster von 18:00 bis 21:00 Uhr einen Workshop zum Thema Rassismus im Sport an. Hier geht es vor allem um Rassismuskritik sowie das Thema „Critical Whiteness“. Der Workshop ist kostenlos und richtet sich an weiße Menschen. Interessierte können sich per Mail (j.wagner@ssb.ms) anmelden.

Artikel zum Thema Critical Whiteness, die einen ersten Überblick geben können:

Was ist “Critical Whiteness”? | Artikel | MEDIENDIENST INTEGRATION (mediendienst-integration.de)

Critical Whiteness – Weißsein als Privileg (deutschlandfunk.de)

White Privilege

Beispielsituation mit Sportbezug:

Im Nachhinein eines Beachvolleyballspiels wird eine muslimische Athletin mit Kopftuch von den Rängen rassistisch beleidigt und abgewertet. Dies ist in der Liveübertragung auf den Fernsehbildern eindeutig zu hören. Die Journalistin, die parallel dazu ein Interview führt, spricht ihren Interviewpartner direkt auf die Vorkommnisse an, benennt und verurteilt den Rassismus. Der weiße Offizielle vom Volleyball-Verband tut es ihr zwar gleich, betitelt den Vorfall aber als ‚Ausnahme‘ und schließt sein Statement mit den Worten: „Im Beachvolleyball haben wir kein Rassismusproblem“.

Definition und Erklärung:

„Ein weißes Privileg [white privilege] ist ein unverdienter Vorteil, den ich erlangt habe, indem ich als Weiße*r in eine Kultur hineingeboren wurde, die Weiße begünstigt. Im Alltag weißer Menschen gibt es eine ganze Reihe solcher Vorteile […]“ (Baum, C. und Franzke, A., 2020)

White Privilege/ weiße Privilegien meinen demnach Vorteile, die nur Weiße haben. Der weiße Offizielle trifft diese Aussage also nur deshalb, weil er selbst in einem System geboren und sozialisiert wurde, in dem er nie von Rassismus betroffen war. Diesen Vorteil nimmt er selbst jedoch nicht wahr, da er ihn als selbstverständlich ansieht. So lange er seine weißen Privilegien nicht anerkennt, ist er selbst nicht in der Lage, Rassismus zu erkennen und zu problematisieren. Das Beispiel verdeutlicht, dass Weiße sich ihrer Privilegien bewusst werden müssen, damit die strukturellen Benachteiligungen von Schwarzen aufgelöst werden können.

Weiterführende Informationen:

Die Bücher „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten“ (von Alice Hasters) und „Exit Racism – rassismuskritisch denken lernen“  (von Tupoka Ogette) greifen die Thematik auf und erklären anschaulich, welche Vorteile Weiße in unserer Gesellschaft haben und welche strukturellen Nachteile sich hieraus für Schwarze ergeben.

Victim Blaming (Täter-Opfer-Umkehr)

Beispielsituation mit Sportbezug:

In einem spannenden und ausgeglichenen Fußballspiel brechen die letzten Minuten der Partie an. Bei einem Eckstoß schlägt ein Spieler einer Person of Color (PoC) der gegnerischen Mannschaft seinen Ellenbogen ins Gesicht – eine klare Tätlichkeit, für die er vom Platz gestellt wird. Nach der Partie verteidigt der weiße Trainer seinen bestraften Spieler mit den Worten: „Natürlich verhält er sich in dem Moment nicht richtig, das weiß er auch. Aber sein Gegenspieler ist ja herkunftsbedingt eben in unserer Liga auch als Heißsporn und für Provokationen bekannt, gerade wenn es um viel geht. Ich denke da hat er sich auch nicht im Griff!“

Definition und Erklärung:

„Victim Blaming, zu Deutsch Täter-Opfer-Umkehr, beschreibt das Phänomen, bei dem Menschen die Schuld für ein traumatisches Ereignis dem Opfer zuschieben. Besonders häufig trifft man auf diese Art der Anschuldigung, wenn es um sexuelle Übergriffe oder Vergewaltigungen geht“ (ZEITjUNG).

Aber auch im Themenfeld Rassismus findet sich dieses Phänomen, dass das eigentliche Opfer zum Täter gemacht wird. Wie ein solches Argumentationsmuster im Sport aussehen kann, zeigt unser Beispiel. Der Trainer rechtfertigt und relativiert die Handlungen seines Spielers, indem er die Ursache dieser Tätlichkeit im Verhalten des betroffenen Spielers verortet. Gleichzeitig setzt er die Hautfarbe des Opfers in Verbindung zur vermeintlichen Herkunft des Spielers und leitet daraus emotionale bzw. provokante und aggressive Verhaltensweisen ab. Dadurch stellt der Trainer das eigentliche Opfer als Täter dar und vermeidet die Benennung des eigentlichen Täters.

Weiterführende Informationen:

Podcast WDR: “Sport inside: Struktureller Rassismus im Sport”

Exotisierung/ Fetischisierung

Beispielsituation mit Sportbezug:

Das 100 m Finale der Frauen bei Olympia schauen sich mehrere Weiße in geselliger Runde an. Die Athlet*innen werden gerade vorgestellt, da sagt eine Person in der Runde den Satz: „Wow, also diese wahnsinnig durchtrainierten Frauen mit dunkler Haut – das mag ich ja, das find ich stark… dieses… Exotische.“

Definition und Erklärung:

„[…] Exotisierung bedeutet, dass die Person der Begierde auf ein Merkmal reduziert wird und nicht als menschlich gleichwertig und mehrdimensional gesehen wird. Exotisierung drückt sich in der Faszination für ‚das Fremde‘ und in dem verlangen aus, die konstruierte Andersheit ‚der Anderen‘ zu genießen“ (Goldeimer).

Unser Beispiel zeigt, wann vermeintliche Geschmackssache bzw. positiv gemeinte Bewunderung zum Problem wird und als Rassismus betitelt werden muss. Indem die Person, die spricht, die Athlet*innen auf äußerliche Merkmale (Hautfarbe, trainierte Physis) reduziert und rassistisch abwertet, wird ihnen ihre Menschlichkeit abgesprochen. Gleichzeitig hebt die Person das vermeintlich ‚Andere‘ und ‚Fremde‘ der Athlet*innen hervor und verknüpft dies mit Faszination und sexualisierter Begierde.

Weiterführende Informationen:

Das Buch „Der weiße Fleck“ von Mohamed Amjahid zeigt die Strukturen von Alltagsrassismus auf und beschreibt in vielfältiger Art und Weise die Problematik der weißen Privilegien in unserer Gesellschaft. Dabei geht der Autor auch auf die Thematik der Exotisierung ein.

Mikroaggressionen

Beispielsituation mit Sportbezug:

Kurzbeispiel 1: Ein weißer junger Mann in Deutschland fragt einen Bekannten (Person of Color = PoC und muslimischen Glaubens) unvermittelt: „Spielt man in deiner Heimat eigentlich auch Tennis?“

Kurzbeispiel 2: Eine PoC (= Person of Color) ist in einer Boulderhalle und betritt einen Bereich, in dem sie gerne klettern würde. Sie realisiert direkt, dass alle Weißen, die in diesem Bereich eben noch geklettert sind, impulsartig woanders hingehen. Gleichzeitig empfindet sie einen weiteren tiefen Schmerz, weil sie in dem Moment an ähnliche Erfahrungen denken muss, die sie in ihrem Leben regelmäßig erleidet.

Definition und Erklärung:

“Das wirkt für euch auf den ersten Blick nicht so schlimm?”

Oft werden Mikroaggressionen mit Mückenstichen verglichen – zwar tut ein einzelner nicht besonders weh, kommen aber viele weitere dazu, können sie in der Summe sehr schmerzhaft sein. PoC erleben das häufig und leiden darunter. Amma Yeboah, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie erklärt: „Zusammengefasst können wir sagen, das sind sehr subtile, unauffällige, verdeckte und latent aggressive Ausdrucksformen von Rassismus, die bewusst oder meistens auch unbewusst auftreten“ (Deutschlandfunk).

In unseren Beispielen zeigen sich Mikroaggressionen unterschiedlicher Form: In Beispiel 1 kann von einem verbalen Übergriff gesprochen werden. Unterschwellig liegt bei ihm die Vorannahme zugrunde, in der Heimat des Bekannten würde vermutlich kein Tennis gespielt werden. Eine rassistische Abwertung in der vermeintlich unproblematischen Frage zeigt sich auch in der Tatsache, dass der junge Mann die Hautfarbe und den Glauben des Bekannten zum Anlass nimmt, genau diese Frage zu stellen und dabei einen Bezug zur (vermeintlichen) Heimat/ Herkunft und der genannten Sportart herstellt. In Beispiel 2 kommen die Mikroaggressionen nonverbal zum Ausdruck, indem die Menschen den Bereich der Halle verlassen und die PoC vorverurteilen, ausgrenzen und verletzen.

Weiterführende Informationen:

Im Gespräch mit SWR2 weist Alice Hasters auf die Bedeutung von Mikroaggressionen in Bezug auf Alltagsrassismus hin:

Link: Alice Hasters: Alltagsrassismus besteht aus Mikro-Aggressionen – SWR2

Quellen

In dem behandelten Themenkomplex gibt es zahlreiche weitere wichtige Begriffe (z.B. Othering, Color Ignorance, Tokenism, Derailing, Gaslighting, White Fragility, Red-/ Yellow-/ Blackfacing, Colorism, White saviorism, Intersektionalität), die Teil des Rassismusdiskurses sind und auch im Sport eine Rolle spielen. Zudem soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass auch die Definitionen und Erklärungen lediglich einen Einblick in die Thematik geben sollen und kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden kann.

Haben Sie Gesprächsbedarf oder benötigen Sie weitere Informationen zu unserem Beitrag? Kontaktieren Sie uns gerne jederzeit unter: j.wagner@ssb.ms oder 0251 / 34 38 76 51

Unter dem Motto “Haltung zeigen” finden bis zum Sonntag, 27. März, die Wochen gegen Rassismus statt. Informationen zum umfangreichen Programm gibt es online auf der Homepage des Kommunalen Integrationszentrums Münster (KI).